„Ab der 10. Etage, bist Du im Brandfall, dem Himmel schon sehr nahe“.
(Adam Merschbacher)
Jeder Feueralarm kommt für Behinderte in der Regel zu spät. Außer im Erdgeschoss sind Fluchtwege für Bewegungseingeschränkte, Orientierungslose und Rollstuhlfahrer unüberwindliche Hindernisse.
Im Brandfall dürfen Aufzüge nicht benützt werden, da sie in Stockwerken halten könnten, die verraucht sind oder in denen gerade der Brand lodert. Ebenso könnte der Aufzug nach einem Stromausfall irgendwo in einem Zwischengeschoß stecken bleiben und alle Personen im Lift könnten eingeschlossen werden.
In Krankenhäusern, Pflegeheimen und Hotels werden etwa 5 % der Mitarbeiter zu Brandschutzhelfern ausgebildet. Aber auch alle anderen Angestellten helfen, da sie zudem den Vorteil besitzen, sich im Gebäude auszukennen. Zu dieser Hilfe sind alle verpflichtet, gemäß § 323 c StGB (Unterlassene Hilfeleistung). Es soll einen Mindestgehalt an Solidarpflichten sichern, denn jeder Mensch ist dazu verpflichtet einer anderen Person Hilfe zu leisten, ohne sich selbst dabei in Gefahr zu begeben bzw. unzumutbar zu sein.
Im abwehrenden Brandschutz bedeutet dies konkret:
Erst danach sind Rettungsmaßnahmen möglich.
Es nützt niemandem, wenn Retter sich selbst gefährden oder verunglücken. In verrauchten Treppenhäusern oder Fluchtwegen sind maximal 3-5 Atemzüge (abhängig von der toxischen Brandlast) möglich, ehe die Rauchverdichtung irreparable Schäden verursacht. Pro Stockwerk atmet man unter nicht verrauchten Gegebenheiten schon zweimal ein und aus.
Stellen wir uns folgende Situation vor. Wir befinden uns in einem Krankenhaus im 10. Stockwerk und sind bettlägerig. Die Feuerwehr verfügt am häufigsten über eine Drehleiter der Bauart DLA(K) 23/12, da damit an allen Gebäuden unterhalb der Hochhausgrenze angeleitert werden kann. In der Regel kann mit einer DLA(K) 23/12 bei der Nennrettungshöhe das 7. OG erreicht werden. Bei Hochhäusern ist zur Menschenrettung ein zweiter baulicher Rettungsweg oder ein Sicherheitstreppenraum erforderlich. Größere Drehleitern die eine zulässige Gesamtmasse von 16 t deutlich überschreiten, sind meist gar nicht möglich, da alle Aufstellflächen und Zufahrten für die Feuerwehr nach DIN 14090 für eine maximale Belastung von 16 t bei einer Achslast von 10 t zugelassen sind. Wer selbst schon mit einem Feuerwehrkorb in einer Höhe von 22 m stand, hat eine Vorstellung von den Windkräften und der Instabilität in dieser Höhe. Aber es sollen ja auch noch bettlägerige Menschen über das Fenster geholt und nach unten transportiert werden.
Würde die Krankenschwester bei ihren edelsten Samaritergedanken auch nur einen Patienten retten wollen, so scheitert das Vorhaben an dem Umstand, dass ein Patiententransport am Aufzug zu Ende ist. Selbst die Rettung des Helfers ist nur möglich, wenn das Flucht-Treppenhaus rauchfrei ist und im Brandfall keine Zeit verloren geht.
Diesem düsteren Szenario kann man nur entgehen, wenn das Stockwerk grundsätzlich in kleine Brandabschnitte unterteilt wird und durch effektive Brandbekämpfungsmaßnahmen ausgestattet werden (beispielsweise Sprinkleranlagen), sowie wirkungsvolle Brandschutzmaßnahmen (z.B. Feuer- und Rauchschutztüren).
Jährlich sterben 370 bis 440 Menschen an Rauchvergiftung oder durch Brände. Wieviele Personen innerhalb den 180.000 Feuerwehreinsätzen jährlich bei Bränden in letzter Minute gerettet werden konnten ist nicht bekannt
Am 19.6.2019 mussten in einem Altenheim in Bremen 170 Menschen evakuiert werden. 21 wurden durch Rauchvergiftung verletzt. Dass nicht mehr geschehen ist, kann auf die frühzeitige Rauchwarnmelderauslösung und dem guten Brandschutzkonzept, mit der breiten Notleiteranlage, verdankt werden.
Ein Zimmerbrand im Pflegeheim Hospital zum Heiligen Geist am Poppenbütteler Weg hat die Feuerwehr am 29.3.2019 in Atem gehalten. Die Retter rückten mit rund 50 Einsatzkräften und dem leitenden Notarzt an – denn in dem Haus sind viele bettlägerige ältere Menschen untergebracht. Die Feuerwehr rettete 14 Personen aus dem Gebäude, teilweise per Drehleiter. Elf weitere wurden vor Ort versorgt, drei Bewohner wurden zur Versorgung in Krankenhäuser gebracht.
Ein Feuer hat in einem russischen Pflegeheim 29 Menschen in den Tod gerissen. Mehr als 250 Menschen entkamen den Flammen oder wurden in Sicherheit gebracht. Das Pflegepersonal trage möglicherweise eine Mitschuld an der hohen Opferzahl, denn die Feuerwehr sei am Sonntag erst eine halbe Stunde nach Ausbruch des Brandes alarmiert worden, sagte Belzow. Das Pflegeheim liegt in der Ortschaft Velje-Nikolskoje, rund 250 Kilometer südlich von Moskau.
Erst im März waren bei einem Brand in einem Pflegeheim in Südrussland 62 Menschen ums Leben gekommen. Ein Feuer in einem Pflegeheim in Sibirien kostete im Juni zehn Menschen das Leben. Diese Probleme im Brandschutz sollen lediglich sensibilisieren.